Warum Disruption vom Kunden ausgeht – „Spotlight Digital Transformation“ #1

11. September 2017

„Wie groß ist mein Disruptionsrisiko?“ – Diese Frage stellen sich auch Prof. Dr. Julian Kawohl, Experte für Digital Management und Corporate Entrepreneurship, und etventure-Gründer und Geschäftsführer Philipp Herrmann im ersten Video der 10-teiligen Serie „Spotlight Digital Transformation“.

Was haben Uber, Airbnb und Netflix gemeinsam? Sie stellen Produkte und Dienstleistungen in einer radikal nutzerzentrierten und damit für den Kunden in einer sehr viel besseren Form bereit als traditionelle Taxiunternehmen, Hotels oder die Medienindustrie. Mit ihren Geschäftsideen transformieren sie ganze Märkte und Branchen und führen schließlich zur Disruption – zur Zerstörung klassischer Geschäftsmodelle.

Schuld daran ist – so ein weit verbreiteter Irrglaube – die Digitalisierung und die mit ihr einhergehenden technologischen Innovationen, die Disruption erst ermöglichen. Tatsächlich bietet die Digitalisierung enorme Potenziale, die aber gerade Startups besonders intensiv für sich zu nutzen wissen – oft auch, weil sie agiler und risikofreudiger sind. Die Traditionsunternehmen stecken dabei in dem bereits von Harvard-Ökonom Clayton Christensen beschriebenen „Innovator’s Dilemma“: Sie sind Gefangene ihres eigenen Erfolges. Das eigene Geschäftsmodell infrage zu stellen ist für erfolgreiche Unternehmen nach nüchterner Risikoabwägung so gut wie nie sinnvoll. Das Management handelt rational, wenn es auf kontinuierliche Verbesserung setzt. Auf schöpferische Zerstörung setzen daher zumeist die hippen Startups und Tech-Giganten aus dem Silicon Valley, die mit innovativen Denkweisen in nahezu jede Branche drängen und damit die Existenz etablierter Unternehmen bedrohen.

Wer die Kundenschnittstelle hält, hält auch den Kunden

Letztlich sind aber weder Technologie noch Digitalisierung die Kernursachen von Disruption. Vielmehr geht diese direkt vom Kunden und dessen Bedürfnissen aus. So wird gerade im Zeitalter der digitalen Transformation die Besetzung der Kundenschnittstelle für Unternehmen zur existentiellen Notwendigkeit. Disrupteure schaffen es besser, schneller und nachhaltiger, möglichst nah am Kunden zu sein, seine Vorlieben und Schmerzpunkte zu kennen und Produkte und Services genau daran anzupassen.

Letztlich schafft nicht Amazon den Einzelhandel ab, sondern ein mangelnder Kundenservice und Ladenschlussgesetzte, die dem heutigen Alltag Berufstätiger nicht mehr gerecht werden. Das lineare Fernsehen ist nicht wegen Streaming-Diensten wie Netflix in Gefahr, sondern weil Zuschauer heute selbst entscheiden möchten, für welches Angebot sie bezahlen und wann und wo sie es konsumieren möchten. Und Tesla mischt die Autoindustrie nur deshalb so aggressiv auf, weil etablierte Unternehmen träge und innovationsfeindlich an Produkten und Geschäftsmodellen festhalten, die schon in wenigen Jahren überholt und für den Verbraucher unattraktiv sein könnten. Phänomene wie diese betreffen schon lange nicht mehr nur den B2C-Sektor, sondern zunehmend auch Branchen wie den Maschinenbau oder Stahlhandel.

Konvergente Branchen, mehr Wettbewerbsdruck

Neben dem Disruptionsrisiko verunsichert viele Unternehmen auch die fortschreitende Branchenkonvergenz. Gerade im Zuge der Digitalisierung verschwimmen Branchengrenzen: Suchmaschinen forschen am Fahrzeug der Zukunft, Online-Buchhändler übertragen Bundesliga-Spiele im Livestream und FinTech-Unternehmen bringen modernste Technologien mit klassischen Finanzdienstleistungen zusammen. Auch gegen Konvergenz ist keine Branche immun, im Gegenteil: In Zukunft wird sich der Druck auf Unternehmen erhöhen, weil sich der Wettbewerb nicht mehr nur auf die eigene Branche konzentriert, sondern grundsätzlich jedes Unternehmen zum direkten Konkurrenten werden kann, wenn es mit innovativen und disruptiven Geschäftsmodellen in eigentlich fremde Branchen eindringt.

Doch auch wenn Disruption und Konvergenz Unternehmen auf eine harte Probe stellen, bieten sie gleichzeitig ein enormes Potenzial, das es mit einer offenen Einstellung, innovativen Ansätzen und einer agilen Herangehensweise auszuschöpfen gilt. Zum Risiko werden diese Phänomene hingegen vor allem für diejenigen, die die Bedeutung der Kundenschnittstelle ignorieren und sich mit einem chronischen Bewahrertum und Angst vor Veränderung weigern, selbst disruptiv zu denken, Innovationen voranzutreiben und ihre eigenen Geschäftsmodelle so radikal zu transformieren, dass sie auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben.

Prof. Dr. Julian Kawohl und Philipp Hermann setzen sich mit dem Thema auseinander und diskutieren die Frage “Wie groß ist mein Disruptionsrisiko?”.


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Autor

Brigitte Galiger ist Content Manager für PR & Marketing. Zuvor war sie als Kommunikationsberaterin für Kunden aus der IT- und Technologiebranche tätig.

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