Von Digitalisierung und digitaler Transformation – Die wichtigsten Themen des Monats November im Überblick

02. Dezember 2016

In unserem Rückblick behandeln wir auch dieses Mal spannende, aktuelle Ereignisse der Digitalisierung. Besonders diesen Monat wurde noch deutlicher, wie digitale Player Schnittstellen zum Kunden neu besetzen. Wir beschäftigen uns dabei mit dem Beispiel deutscher Behörden und der Hotelbranche sowie der Frage, inwiefern die Politik Geschäftsmodelle schützen soll, die durch Startups angegriffen werden.  Außerdem geht es um das bedingungslose Grundeinkommen und die Wahrnehmung der Digitalisierung in Unternehmen.

Warum muss ich immer noch aufs Amt? (Süddeutsche Zeitung)

Diese Frage haben auch Sie sich mit Sicherheit schon gestellt, spätestens als Sie Ihren Wohnsitz anmelden wollten oder einen neuen Reisepass beantragt haben. Während die Erstellung von Girokonten online längst möglich ist, hinken die deutschen Behörden bei der Digitalisierung deutlich hinterher. Laut einer Befragung der Hertie School of Governance sehen auch die Behördenleiter die Digitalisierung als größte Herausforderung der kommenden fünf Jahre. Eigentlich wollte Deutschland bis 2015 einen europäischen Spitzenplatz im Bereich E-Government besetzen. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern steht Deutschland aber laut EU-Kommission aktuell nur auf Platz 18. Der Spitzenreiter: Estland. “Während der Deutsche seine Zeit auf der Kfz-Zulassungsstelle verbringt, Wartenummer 178, hat der Este von zu Hause aus online einen Vertrag unterschrieben, seine Steuererklärung abgegeben, ein Unternehmen gegründet, ein Busticket auf seinen Personalausweis geladen, die Krankenakte abgerufen und gewählt: 2015 hat jeder fünfte Wähler seine Stimme am Rechner abgegeben.“

Doch woran hakt es hierzulande? Es liegt vor allem am geringen Wissen der Behörden über E-Government, der fehlenden übergreifende Koordination und zu geringen Budgets. Die wohl gravierendste Ursache ist jedoch die fehlende Nutzerfreundlichkeit. Auch Tim Angerer, der Koordinator der digitalen Projekte in Hamburg, weiß: „Entscheidend wird sein, dass wir unsere Dienstleistungen von den Bedürfnissen der Bürgerinnen her denken.“ Denn es fehlt schließlich nicht vollkommen an Initiative seitens der deutschen Regierung. Es wurden schon zwei Projekte gestartet: Die De-Mail sowie der elektronische Personalausweis.

Jedoch: Etwa die Hälfte der Internetnutzer besitzt den vor sechs Jahren eingeführten, elektronischen Personalausweis, aber „nur 28 Prozent von ihnen haben die Online Ausweisfunktion aktiviert, vier Prozent haben das nötige Kartenlesegerät“. Warum? „Den neuen deutschen Personalausweis im Internet zu nutzen, ist in etwa so einfach, wie eine deutsche Steuererklärung auszufüllen. Der potenzielle E-Bürger muss “nur” die Onlinefunktion freigeschaltet haben, die sechsstellige Pin bereithalten, ein Kartenlesegerät zu Hause herumliegen haben und spezielle Software installieren, die eine sicherere Verbindung herstellt.“ Kein Wunder, dass die meisten stattdessen lange Wartezeiten auf dem Amt in Kauf nehmen. Und ebenfalls verwundert es nicht, dass nun Startups diese Schnittstellen zwischen Behörde und Bürger besetzen und anbieten, was Behörden bislang versäumen. Das Berliner Startup Amtio verspricht einen Termin innerhalb von 5 Tagen, inklusive Hilfe beim Ausfüllen der Dokumente und Behördengang. “Natürlich gegen Gebühr: 120€ kostet es, andere warten zu lassen.“

Sigmar Gabriel will Hotels vor Airbnb schützen (Welt)

Nicht nur bei den nutzerfeindlichen deutschen Behörden, sondern auch in der Hotelbranche und Gastronomie werden radikal Schnittstellen durch Startups besetzt. Airbnb ist es genauso wie Uber gelungen, den digitalen Kanal zwischen Traditionsunternehmen, ja einer ganzen Branche, und deren Kunden zu besetzen. Das hat gravierende Folgen für das Kerngeschäft der Anbieter aus der “Old Economy”. Müssen diese Branchen, notfalls durch ein Eingreifen der Politik, geschützt werden? Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel jedenfalls plädiert dafür und will Hotellerie und Gastgewerbe durch staatliche Regulierung vor “unfairer Konkurrenz aus dem Internet” schützen. Denn “viele Betriebe der „sharing economy“ seien deshalb so erfolgreich, weil sie Versicherungs- und Haftungsfragen ausblendeten und auf die ordnungsgemäße Versteuerung ihrer Erlöse verzichteten”, so Gabriel. Gleichzeitig betont er, dass die digitale Entwicklung nicht gebremst werden solle, sondern “sie braucht einen Gestaltungsrahmen”.

Im Fall von Airbnb soll deshalb ein Limit eingeführt werden, bis zu dem Privatpersonen Wohnraum kurzzeitig vermieten dürfen. “Einkünfte aus der privaten Vermietungstätigkeit sollten versteuert und lokale Tourismussteuern oder -abgaben abgeführt werden. Digitale Vermittlungsdienste sollten zudem verstärkt in die Durchsetzung steuerlicher Vorschriften einbezogen werden.”

Folgen der Digitalisierung: Siemens-Chef sieht bedingungsloses Grundeinkommen als „unvermeidlich“ (t3n)

In der letzten Ausgabe des Monatsrückblicks ging es auch darum, welche Art von Arbeitsplätzen zukünftig erhalten bleiben wird und wie sich die Arbeitslandschaft durch die Digitalisierung verändern wird. Auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel, der vom 17. bis 19. November in Berlin stattfand, sprach Siemens-Chef Joe Kaeser über die aus seiner Sicht „unvermeidbare“ Folge dieser Veränderungen. Er glaubt daran, dass im Zeitalter sich selbst steuernder digitaler Systeme und Roboter rund „1,5 Millionen traditionelle Arbeitsplätze bis zum Jahr 2025 in Deutschland verschwinden werden“ und langfristig „einige Arbeitnehmer auf der Strecke bleiben“ würden. Als Lösungsansatz sieht er das bedingungslose Grundeinkommen, welche für die Bevölkerung existenzsichernd wäre. Dies bedeutet eine Steuerreform und eine finanzielle Zuwendung für jeden Bürger, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Auch andere Wirtschaftsgrößen wie etwa Tesla-Chef Elon Musk oder dm-Gründer Götz Werner hatten sich bereits zuvor für das Grundeinkommen ausgesprochen. Und auch in anderen Ländern steht das Thema auf der Tagesordnung, Finnland hat bereits einen ersten Modellversuch gewagt. Das bedingungslose Grundeinkommen wird sicher noch häufiger diskutiert werden.

Bitkom: Digitalisierung der Wirtschaft auf gutem Weg (heise online)

Bitkom vermeldet gute Nachrichten: Laut einer Studie des Digitalverbands scheinen immer mehr deutsche Unternehmen die Digitalisierung als große Chance der Zukunft zu sehen. “Die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft nehme Fahrt auf, erklärte Thorsten Dirks, Präsident von Bitkom, zum Start der Hub Conference in Berlin. So wollen circa „40 % der deutschen Unternehmen ihre Investitionen in digitale Technologien noch in diesem Jahr steigern“ um so neue Produkte anbieten zu können. “Knapp jedes fünfte Unternehmen will demnach in die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle investieren.” Ob das nun viel ist und die Anstrengungen der deutschen Wirtschaft ausreichen? Naja. Und so erklärt auch Bernhard Rohleder, Geschäftsführer von Bitkom, dass zwar die Wahrnehmung für das Thema steigt, jedoch “bleibe die Übersetzung in praktisches Handeln in vielen Fällen noch aus.”

“Unternehmen könnten die Digitalisierung nur zum Erfolg führen, wenn dabei Grenzen überwunden werden – zwischen großen und kleinen Unternehmen, den verschiedenen Branchen, zwischen Wirtschaft und Politik, sagte Dirks. Dabei reiche es nicht aus, jemanden aus der Internetwirtschaft ins Haus zu holen. Jemand von Google habe im Zweifel keine Ahnung, wie die digitale Transformation funktioniert. „Wir müssen das Silicon Valley nicht kopieren, wir müssen es kapieren“, so Dirks. Und vor allem müssten die Menschen von der Bedeutung und den Chancen der Digitalisierung überzeugt werden.


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Autor

Katharina Siepe ist Praktikantin im Bereich Corporate Innovation bei etventure.

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